YELLOW UMBRELLA STUDIO
»PAINT«
CD-Album · Released 2000
»Musikalische Bilder im Kopf«

Interview von David Comtesse
mit Jan Vertsberg
(inMusic - 14/2000)


Das schwedische Elektronik-Duo um Jan Vertsberg und Robert Bergqvist legt mit seinem Debüt "Paint" ein außergewöhnliches Freestyle-Album vor.


INMUSIC: Seit wann gibt es Yellow Umbrella Studio (YUS)?

JAN: YUS ist eigentlich eine recht neue Geschichte, gerade mal drei Jahre alt. Aber natürlich ist YUS das Ergebnis einer konsequenten Beschäftigung mit Musik und jeder Menge Experimente über viele Jahre hinweg. So benutzte ich Mitte der 80er Jahre Folkmusik als Ausdrucksform, später in den 90er versuchte ich es mit einer Band, die eine Mischung aus Pop/Balladen und Folk spielte. Hier lernte ich auch Robert Bergqvist (synthies, perc.) kennen, der in einer Flamenco/Fusion-Band als Perkussionist arbeitete. Schon bei unserem ersten Treffen war er Feuer und Flamme für meine verrückten und manchmal auch absurden Soundideen. Im Grunde hatten wir beide von der üblichen sogenannten "Experimental-Musik" die Nase gestrichen voll. Das war im Prinzip die Geburtsstunde von YUS. Von da an entschloss ich mich, nur noch die Musik zu machen, die ich selbst gerne hören wollte. Endlich den Sound, die Rhythmen und Kompositionen spielen zu können, die mein Innerstes erfüllten, brachte mir einen ungeahnten Seelen-Frieden. Drei Jahre später haben meine Ideen und Kompositionen nun endlich die Form angenommen, von der ich glaube, dass sie das "richtige Feeling" rüberbringt. Ich denke, der Erfolg wird mir Recht geben.

INMUSIC: Gibt es bei euch musikalische Vorbilder?

JAN: Schwer zu sagen, eigentlich niemand! Obwohl es immer wieder Zeitabschnitte gab, wo man manche Musik lieber hörte. So ist Robert ein großer Fan von King Crimson und einige Tracks von CAN haben mir zur richtigen Zeit die nötige Energie gegeben. In Wirklichkeit höre ich nicht sehr viel Musik. Wenn ich mal'ne CD einschmeiße, ist es fast immer was Klassisches von Arvo Pärt, Rachmaninov, Bach oder Sibelius.

INMUSIC: Wer ist bei euch der Songschreiber? Wie entstehen eure Songs?

JAN: In der Regel arbeite ich nie mehr als an einem Song gleichzeitig. Manchmal habe ich da einen Sound in meinem Kopf, der zu einer Idee wird und plötzlich, wie aus dem Nichts ist der Song "auf dem Weg". Doch oft ist es nur ein Rhythmus, je monotoner umso besser, den ich einfach nicht mehr vergessen kann. Dann beginnt der wirklich harte Teil der Musik, drumherum den richtigen Sound zu "zimmern". Dafür benutze ich meine sogenannten "Boxes of Sounds", sowas wie eine riesige Sammlung verschiedener Sounds. Robert kommt vorbei und spielt etwas dazu auf seinen Drums. Meistens finden wir dann, wonach wir gesucht haben.

INMUSIC: Der Name eurer CD lautet "Paint". Ich habe den Eindruck, dass ihr mit elektronischen Klängen "malt". Ist das richtig?

JAN: Nun, das ist im Prinzip richtig. Es ist lustig, dass du gerade diese Frage stellst. Im Grunde bin ich ein Maler. Das Komische daran ist, wenn ich male, habe ich immer Musik im Kopf. Und wenn ich mir neue Songs ausdenke, entstehen Bilder, Formen und Farbkompositionen in meinem Kopf.

INMUSIC: Welche Bedeutung kommt den Vocal-Parts in euren Songs zu?

JAN: Nun, das ist recht vielschichtig und reicht von der einfachen Funktion des Erzählens über Vervollständigen, Hervorheben oder sogar zum Verstärken der verwendeten Sounds. Oft lasse ich die Vocal-Parts völlig unbehandelt und natürlich. So transportieren sie die unterschiedlichsten Stimmungen am besten. Etwa in dem Song "The Glas Umbrella Lady", eine Art Gedicht über die Tatsache, einfach sein Leben zu leben, ein Track ganz ohne tiefere Message. Dagegen enthält "Boat Boy" den Unterton, niemals seine Kinder zu vernachlässigen. Der Text in "Bingopen" ist eine ironische Anspielung auf die Menschen und ihr Verhalten in außergewöhnlichen Situationen.

INMUSIC: Wie lange habt ihr an "Paint" gearbeitet?

JAN: Es dauerte fast ein Jahr, bis das Projekt im Kasten war. Bis dahin mussten wir eine Menge Sounds von überall her zusammentragen und sortieren, um zu sehen, welche für uns geeignet waren. Natürlich gab es auch einige Probleme, aber die habe ich fast alle vergessen. Mein Hund "Busy" zum Beispiel hasste die endlosen Sessions im Studio. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte ich alle Sound-Ideen in der Natur gesammelt.

(David Comtesse für das Musikmagazin InMusic im Frühjahr 2000)